Das von Baumwanzen produzierte Antibiotikum Thanatin zerstört die äussere Membran von gramnegativen Bakterien. Forscher der Universität Zürich haben nun herausgefunden, dass dies durch einen bisher unbekannten Mechanismus geschieht. Thanatin soll deshalb als Ausgangsstoff für die Entwicklung neuer Antibiotika-Klassen dienen.
Die weltweite Ausbreitung von antibiotikaresistenten Bakterien stellt eine wachsende Bedrohung für die menschliche Gesundheit dar. «Trotz intensiver Bemühungen von Wissenschaft und Industrie ist es bisher nicht gelungen, geeignete Angriffsziele für neuartige Antibiotika zu finden», sagt John A. Robinson vom Institut für Chemie der UZH. «Eine der grössten Herausforderungen ist dabei die Identifizierung von neuen Wirkmechanismen gegen gramnegative Bakterien.» Zu dieser Gruppe von Keimen gehören viele gefährliche Krankheitserreger wie Pseudomonas aeruginosa, das lebensbedrohliche Lungeninfektionen verursacht, sowie pathogene Stämme des Darmbakteriums Escherichia coli.
Zerstörung des äusseren Schutzschilds
Ein interdisziplinäres Team der Universität Zürich und der ETH Zürich konnte nun erstmals zeigen, wie das natürliche Antibiotikum Thanatin – das aus der nordamerikanischen Baumwanze Podisus maculiventris gewonnen wird – gegen gramnegative Bakterien wirkt. Es stellte sich heraus, dass der Wirkstoff auf bislang unbekannte Weise den Aufbau der äusseren Zellmembran der Bakterien unterbindet. Alle gramnegativen Bakterien besitzen eine doppelte Zellmembran, wobei die äussere Membran eine wichtige Abwehrfunktion übernimmt und das Eindringen potentiell giftiger Substanzen in das Zellinnere verhindert. Die Aussenseite dieser Membran besteht aus einer komplexen Schicht von fettähnlichen, zuckerhaltigen Substanzen, den sogenannten Lipopolysacchariden. Ohne den Schutz durch diese Lipopolysaccharide sind die Bakterien nicht lebensfähig.