In seiner Begründung eines Urteils vom 8. Juli, hat das Bundesgericht am gestrigen Freitag die Abweisung der Beschwerde eines Imams erklärt, der für Äusserungen in seiner Freitagspredigt von 2016 in der An’Nur-Moschee in Winterthur wegen öffentlicher Aufforderung zu Verbrechen oder zur Gewalttätigkeit verurteilt wurde.
Der Mann hatte am 21. Oktober 2016 im Rahmen einer öffentlich zugänglichen Freitagspredigt in der An’Nur-Moschee in Winterthur vor rund 60 Personen zu Gewaltdelikten aufgefordert. Das Bezirksgericht Winterthur sprach ihn 2017 unter anderem der öffentlichen Aufforderung zu Verbrechen oder zur Gewalttätigkeit schuldig und verhängte eine bedingte Freiheitsstrafe von 18 Monaten. Zudem ordnete es eine Landesverweisung von zehn Jahren an. Das Obergericht des Kantons Zürich wies die Berufung des Verurteilten ab.
Das Bundesgericht weist die Beschwerde des Mannes ab. Die von einer Dolmetscherinangefertigte Übersetzung seiner Freitagspredigt ist entgegen der Ansicht des Betroffenen verwertbar. Weder wurden bei der Übersetzung formelle Anforderungen missachtet, noch bestehen Anhaltspunkte dafür, dass die Übersetzerin befangen gewesen wäre.
Das Obergericht verletzt weiter kein Bundesrecht, wenn es zum Schluss kommt, dass die umstrittenen Passagen in der Predigt den Tatbestand der Aufforderung zu Verbrechen oder zur Gewalttätigkeit erfüllen. Erforderlich ist dabei gemäss Rechtsprechung eine gewisse Eindringlichkeit der Aufforderung. In diesem Sinne kann als Handlungsaufforderung zu einem genügend bestimmten Tun zunächst der Aufruf verstanden werden, dass «getötet werden müsste, wer nicht in der Gemeinschaft betet». Das Bundesgericht kommt zu dem Schluss, dass das Gleiche für den Appel gilt, «Menschen in ihren Häusern zu verbrennen, weil sie sich im Gebet von der Gemeinschaft ferngehalten haben». Einen gewissen Interpretationsspielraum lässt zwar die Äusserung offen, «wer ein Laster gesehen hat, sollte es mit seinen Händen ändern».
Angesichts des Gesamtkontextes ist es allerdings naheliegend, dass die Empfänger die Äusserung im Sinne eines Handels gemäss dem Tatbestand verstehen können. Fehl geht der Einwand des Verurteilten, dass nur eigene Kommentare zu den fraglichen Zitaten als Aufforderung zur Gewalttätigkeit gelten könnten. Das Gegenteil ist der Fall: Indem der Betroffene als Imam die Worte Gottes, Mohammeds oder hoher Gelehrter als Äusserungen der grösstmöglichen religiösen Autoritäten unkommentiert liess, brachte er zum Ausdruck, dass sie deren ureigenem Willen entsprechen würden.