Der Bergsturz am Pizzo Cengalo und der direkt darauf folgende Murgang bis Bondo vom 23. August waren eine weltweit sehr seltene Verkettung von Naturereignissen. Eis- und Wasserdruck haben den Fels des Pizzo Cengalo zum Absturz gebracht. Eine Expertengruppe hat das Ereignis analysiert und erste Schlüsse daraus gezogen. Die Gefahr weiterer Bergstürze und Murgänge wird in den kommenden Jahren bestehen bleiben.
Am 23. August 2017 sind mehr als drei Millionen Kubikmeter Fels vom Pizzo Cengalo auf den darunterliegenden Gletscher gestürzt. Der Bergsturz hat viel Eis in Sekundenschnelle abgetragen, pulverisiert und zum Teil geschmolzen. Zusammen mit Wasser aus der Umgebung hat das frei gewordene Wasser die abgestürzten Gesteinsmassen in Bewegung gebracht und einen Schuttstrom geformt, der sich durch die Val Bondasca bis in den Talboden bei Bondo ergoss. Diese Verkettung von Prozessen werde weltweit sehr selten beobachtet, sagt Dr. Jürg Schweizer, Leiter des WSL-Instituts für Schnee- und Lawinenforschung SLF in Davos.
Murganggefahr bleibt bestehen
Unterhalb des Pizzo Cengalo, in der Val Bondasca, liegen rund eineinhalb Millionen Kubikmeter Felssturzmaterial, die durch genügend Wasser mobilisiert werden und als Murgang bis Bondo vordringen können, erklärt der Murgangexperte Dr. Christian Tognacca. In den nächsten Jahren müsse deshalb bei starken Niederschlägen oder erneuten Bergstürzen mit kleineren und grösseren Murgängen gerechnet werden.
Im August 2017 drangen als Folge einer Prozessverkettung in mehreren Murgängen rund 500 000 Kubikmeter Material bis Bondo vor. Dies sei mehr, als man 2012 bei der Konzeption der bestehenden Schutzbauten angenommen habe, sagt Tognacca. Ein extremes Ereignis wie 2017 sei auch künftig nicht die Basis für die Ausarbeitung von Gefahrenkarten und die Bemessung von Schutzbauten; es werde als Restgefährdung eingestuft.