Das Drücken des «Gefällt mir»- oder Teilen»-Buttons für einen ehrverletzenden Beitrag auf Facebook kann eine tatbestandsmässige Handlung darstellen, wenn der Beitrag dadurch einem Dritten mitgeteilt wird. Das Bundesgericht bestätigt in diesem Punkt einen Entscheid des Obergerichts des Kantons Zürich. Allerdings muss das Obergericht im konkreten Fall nochmals prüfen, ob die weiterverbreiteten Inhalte tatsächlich eine üble Nachrede darstellen.
Das Obergericht des Kantons Zürich hatte den Mann 2018 wegen mehrfacher üblerNachrede zu einer bedingten Geldstrafe verurteilt. Ihm wurde zunächst angelastet, in einer selbstverfassten Mail und einem eigenen Facebook-Kommentar ehrverletzende Aussagen zu Lasten einer Drittperson gemacht zu haben; weiter habe er unterFacebook-Beiträge anderer, in denen der fraglichen Drittperson rechtes, «braunes» sowie antisemitisches Gedankengut vorgeworfen wurde, eine «Gefällt mir»- oder «Teilen»-Markierung gesetzt. Damit habe er eine üble Nachrede «weiterverbreitet».
Der Verurteilte erhob Beschwerde ans Bundesgericht.Gemäss dem Urteil des Bundesgerichts gilt die Weiterverbreitung einer üblen Nachrede im Sinne von Artikel 173 Ziffer 1 Absatz 2 des Strafgesetzbuches (StGB) als eigenständiges Delikt. Sowohl das Drücken des «Gefällt mir»-Buttons, als auch das Drücken des «Teilen»-Buttons auf Facebook können zur besseren Sichtbarkeit und damit zur Verbreitung des markierten Beitrags im sozialen Netzwerk führen. Ob jedoch tatsächlich eine strafbare Weiterverbreitungshandlung vorliegt, bedarf einer Betrachtung im Einzelfall.
Von Gesetzes wegen ist dazu erforderlich, dass der «gelikte» oder geteilte Beitrag einem Dritten mitgeteilt wird; das Delikt ist erst vollendet, wenn der weiterverbreitete Vorwurf für einen Dritten sichtbar und von diesem wahrgenommen wird. Dies hängt einerseits von der Pflege des Newsfeeds bzw. dem Algorithmus des sozialen Netzwerkdienstes ab, andererseits von den persönlichen Einstellungen der Nutzerinnen und Nutzer. Im vorliegenden Fall steht fest, dass die «gelikten» und geteilten Nachrichteninhalte an Personen gelangt sind, die nicht dem Abonnentenkreis des Ursprungsautors angehörten.
Das Obergericht ist damit zu Recht davon ausgegangen, dass der Tatbestand des Weiterverbreitens grundsätzlich erfüllt ist. Im Ergebnis heisst das Bundesgericht die Beschwerde dennoch gut und weist die Sache zu neuem Entscheid zurück ans Obergericht. Es hat den Beschuldigten bisher zu Unrecht von der Möglichkeit ausgeschlossen, die Wahrheit der fraglichen Vorwürfe zu beweisen.